Vielleicht bin ich ja diszipliniert genug, hier ein kleines Tagebuch zu erstellen, in dem ich meine Erlebnisse und Erfahrungen während der Corona-Krise festhalten will.
Time will show!
Ich lebe in Düsseldorf im Hafen zusammen mit meiner Frau. Wir leben ein gutes Leben und haben unsere Träume. Wir sind kinderlos und somit auch sehr flexibel. Ich reise sehr viel und das ist auch ein wichtiger Bestandteil in meinem Leben. Wir haben einen kleinen Garten, der für meinen Geschmack genau das richtige Maß an Gartenarbeit erfordert (sehr wenig) und der genug Raum zum Chillen und Grillen läßt (sehr, sehr viel Raum). Wir wohnen in der Stadtmitte und machen fast alles mit meiner Vespa, mit dem Rad oder zu Fuß.
Wir gehen gerne auf Flohmärkte, vor allem auf einen nicht weit entfernten Markt, der jeden Samstag geöffnet hat und der uns so einen schönen Spaziergang ermöglicht. Ich mache gerne Nordic Walking und habe eine wunderschöne Route, die am Rhein entlang führt und die mir Bewegung an der frischen Luft bietet. Und ich gehe mehrmals pro Woche in ein Sportstudio und mache etwas Krafttraining und dehne mich. Und ich mache das sehr gerne. Man trifft nette Leute und bewegt sich. Gute Kombination.
Ich engagiere mich auch ehrenamtlich und arbeite in einem Obdachlosencafe.
Bezüglich der Reisen habe ich natürlich auch für dieses Jahr viel geplant.
Am 1. April, dem Tag nach meinem 67. Geburtstag, wollte ich nach Madrid fliegen und von da aus per Bus weiter nach Burgos fahren. Dort wollte ich dann am Tag drauf den Jakobsweg entlangwandern, über Santiago de Compostela hinaus bis Cap Finisterre, also bis zum Ende der Welt. 600km lagen vor mir. Seit Sommer vergangenen Jahres habe ich mich drauf vorbereitet. Ich habe Bücher gelesen, Filme gesehen, mit Freunden und Bekannten über deren Erfahrungen gesprochen. Ich habe Ausrüstungslisten erstellt und notwendige Dinge vom Pilgerpass bis zu Blasenpflastern besorgt. Ich habe den Flug, den Bus und das erste Hotel gebucht. Ich habe probegepackt und bin mit und ohne Gepäck, mit Laufschuhen und mit Wanderschuhen gewalkt/gewandert. Ich habe meine normale 10-km-Runde mehrfach auf 15 oder 20 km erweitert und war mit meiner Kondition und meinen Füßen sehr zufrieden. Meine Knie fingen leider an, zu 'zicken' (Arthrose), aber die Ärzte meinten, dass sie die Wanderung wohl noch überstehen würden. Alles war gut vorbereitet und auch das Winterwetter wich ganz langsam. Ich hätte starten können.
Vergangene Woche habe ich diesen Plan begraben. Ich habe den Rucksack und die anderen Dinge weggeräumt. Der Traum ist erst mal zu Ende. Ob ich ihn wieder aufnehme? Kann ich jetzt noch nicht sagen. Ich habe noch viel vor, die Zeit wird es zeigen. Im September wäre es auch ganz gut, aber ist Corona bis dahin vorbei? Und im kommenden Jahr wollte ich eigentlich nach Indien oder nach Uganda reisen???
Ich bin gerade dabei, den Flug zu stornieren und das Hotel ebenfalls. Die Aussichten sind schlecht. Allein die Busgesellschaft hat mit einem kleinen Abschlag das Geld rücküberwiesen. So far.....
Und im Mai wollte ich mit meiner Frau nach Griechenland fahren. Wir sind schon oft auf Rhodos gewesen. Archangelos ist eine kleine Stadt in den Bergen, da fühlen wir uns immer sehr wohl. Im letzten Jahr hatten wir ein tolles, traditionelles Haus im Zentrum gemietet, das sehr comfortabel war und zudem auch noch perfekt gelegen. 2020 konnten wir das wieder mieten und so haben wir uns da auch sehr drauf gefreut. Aber, wie es aussieht, können wir auch das vergessen. Die Hausbuchung können wir wahrscheinlich kostenfrei stornieren. Aber ob Ryanair Kulanz bei der Stornierung des Fluges zeigt, ist fraglich. Ein zweiter Plan zerplatzt.
Im Juni war ein Familienfest geplant. Ein großer Teil der Familie wohnt in der Schweiz und das letzte Treffen war in Bayern. Also war geplant, im Juni in die Schweiz zu fahren. Da wir kein gutes Auto haben und man auch mit Flugzeug oder Zug nicht gut nach Graubünden kommt, hatte ich die Idee, ein Wohnmobil zu mieten um auch um die sehr teueren Hotelpreise in der Schweiz herum zu kommen. So weit der Plan. Das Treffen ist nun auch abgesagt und ich bin gerade dabei, das Wohnmobil wieder zu stornieren.
So schnell können Pläne und Träume zerplatzen.
Nun ja, jetzt hat auch das Sportstudio geschlossen und das fehlt mir ehrlicherweise auch ziemlich. Zum Glück habe ich noch meine morgendliche Laufrunde und wenn ich wieder daheim bin, dehne ich mich noch etwas.
In meiner Ehrenamtstätigkeit bin ich sehr nahe an Obdachlosen. Ich gebe Lebensmittel aus und kassiere Geld. Ich sitze mit ihnen an Tischen und wir begegnen uns sehr oft und sehr nah. Mir war das auf die Dauer zu gefährlich, vor allem weil ich mit vielen Menschen zusammenkomme, die älter sind und die Vorerkrankungen haben .Das Risiko wollte ich nicht eingehen. Also habe ich auch das gekündigt.
Und Flohmärkte gibt es auch nicht mehr. Auch keine Jazzkneipe oder nette Kneipen in der Düsseldorfer Altstadt.
Aber wir haben immer noch eine geräumige Wohnung und einen kleinen Garten. Das ist sehr wertvoll in diesen Tagen. So kommen wir wenigstens ein wenig vor die Türe, ohne anderen Menschen zu begegnen.
Wir telefonieren halt ein wenig mehr.
Essen haben wir nicht gehamstert, aber wenn ich heute die Supermärkte sehe, merke ich schon, dass ich immer weniger gerne einkaufen gehe. Die Straßen sind leerer, das Leben kommt mehr und mehr zum Erliegen. Ich habe immer schon die Nachrichten geschaut, aber nun doch immer intensiver. Jede Information könnte wertvoll sein. Auch Freunde und Familie igeln sich ein. Eine seltsame Stimmung.
Noch ist alles gut. Wir haben zu essen und zu trinken, Netflix und Prime laufen, das WLAN funktioniert und es wird langsam freundlicher draußen. Ich kann noch meine Laufrunde morgens machen und bis auf soziale Kontakte (Geburtstagsfeiern, Spieleabende, gesellige Beisammensein etc) ist alles ok. Wie lange noch?
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